Kontext:
Die Wertansätze von Wirtschaftsgütern in Steuerbilanzen weichen regelmäßig von den Verkehrswerten ab. Die Gründe für die Abweichungen sind insbesondere auf planmäßige Abschreibungsreihen, das Verbot des Ausweises nicht realisierter Gewinne sowie vom Gesetzgeber gewünschte Steuerlenkungsnormen zurückzuführen. Die hierdurch aufgebauten stillen Reserven unterliegen der Besteuerung im Zeitpunkt der Realisierung, also grundsätzlich mit der Veräußerung des Wirtschaftsguts. Zusätzlich sieht der Fiskus regelmäßig die Notwendigkeit der Besteuerung oder der Ermittlung der stillen Reserven, wenn es zu einer Beschränkung seines Besteuerungsrechts an den stillen Reserven kommt (sog. Entstrickungsbesteuerung).
Inhalt:
Die vorliegende rechtswissenschaftliche Dissertation von Müller ist am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gerrit Frotscher an der Universtität Hamburg entstanden. Die Arbeit ist in zehn Kapitel gegliedert, wobei nach einer Einleitung und Darstellung von Ziel und Gang der Untersuchung im zweiten Kapitel die Grundlagen der Entstrickungsbesteuerung sowie die Entstehung und Besteuerung von stillen Reserven nach deutschen nationalen Steuerrechtsnormen beschrieben sind. Kapitel drei dokumentiert das Besteuerungsrecht an stillen Reserven unter völker- und europarechtlichen Aspekten. Die allgemeinen völkerrechtlichen Regeln, wie etwa das Territorialitätsprinzip sowie die konkreten Regelungen der Doppelbesteuerungsabkommen, werden ausführlich betrachtet. In einem kurzen Exkurs geht Müller auf die Unterschiede zwischen rechtlicher und ökonomischer Würdigung der Frage des Besteuerungsrechts ein. Aufbauend auf den vorangegangenen Kapiteln, werden nachfolgend die Entstrickungsregelungen vor und nach dem Inkrafttreten des SESTEG beschrieben. Die gesetzlichen Neuerungen werden in Abgrenzung zu den Regelungen des Außensteuerrechts erläutert und getrennt nach unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen erläutert. Kapitel sechs ist der Verfassungsmäßigkeit der Entstrickungsregelungen gewidmet. Die Untersuchung bezieht das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit mit ein. Die Zulässigkeit von sog. Treaty Overrides ist gesondert untersucht. Weitere Beachtung finden die abkommensrechtlichen Diskriminierungsnormen sowie die Frage der Vereinbarkeit der Entstrickungsregelungen mit Europarecht. Die Dissertation schließt mit einer Zusammenfassung in Kapitel neun und einem Schlussteil, anhand derer die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst werden.
Empfehlung:
Die am Zentrum für Internationales Finanz- und Steuerwesen (IIFS) entstandene und von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg angenommene Dissertation untersucht ein in der Besteuerungspraxis viel beachtetes Thema. Die Arbeit von Müller dient gleichermaßen der Wissenschaft und den in der Beratungspraxis immer häufiger anzutreffenden Fällen der Verlagerung von unternehmerischen Aktivitäten in eine andere Steuerjurisdiktion.
Besteuerung stiller Reserven bei Auslandsbezug im Spannungsfeld zwischen Verfassung, Abkommens- und Europarecht
Müller
Softcover, 277 Seiten
Dissertation, erschienen 2012 im Nomos Verlag, Baden-Baden
ISBN: 978-3-8329-7313-1